Bericht über die Versammlung der Vereinigung für die Befreiung der Arbeiter vom 29.10.95

Die Gründung der Vereinigung für die Befreiung der Arbeiter ist die konkrete Antwort, die wir heute auf den Prozeß geben, der die Arbeiter dazu treibt, sich in Klassen zu organisieren und damit in einer politischen Partei.

In unserer Analyse der wirtschaftlichen Prozesse, im Verständnis, das wir von der geschichtlichen Bewegung haben, der Zentralität der Arbeiter, ist das industrielle Proletariat ein unumstößliches Faktum.

Wir streben nicht nach einer besseren Gesellschaft, gerechter oder emanzipierter. Unser unmittelbares Ziel ist die Formierung der Arbeiter als Klasse, die Niederschlagung der bürgerlichen Vorherrschaft, die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiter.

Dieses Programm wird in der Befreiung der Arbeiter synthetisch zusammengefaßt.

Für uns gibt es kein generelles Ziel für die Erlösung der leidenden Menschheit: In der kommunistischen Gesellschaft ist die akkumulierte Arbeit nur ein Mittel um sich zu vergrößern, reich zu werden, um den existentiellen Rhythmus der Arbeiter voranzutreiben.

Die einzig logische Konsequenz dieser Realität ist die Überwindung der Klassen im allgemeinen. ("Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf.")

Der Ausgangspunkt

Die Voraussetzungen dieser Klasse, ihre unabhängige Bewegung auf internationalem Niveau, ihre konkrete reale Lage ist der Ausgangspunkt unserer Aktivität.

Unser Ansatz ist keine Ideologie - Ideologien haben ihre eigenen Geschichte, sie sind Reflexionen der materiellen Produktionsbedingungen und der Klassengegensätze, die diese in sich tragen. So haben Marx und Engels denn auch auf theoretischer und politischer Ebene die erste universelle Differenzierung und den Bruch zwischen dem Kapital und der lohnabhängigen Arbeit reflektiert, und der Leninismus hat den erfolgreichen Versuch der Arbeiter Rußlands, sich als Teil des weltweiten Proletariates durch eine Revolution zur herrschenden Klasse zu erheben, reflektiert.

Die Parteien als Ausdruck der determinierten Klassen sind als solche Produkte des Reifegrads der Klassen, ihrer wechselseitigen Beziehungen, ihrer Zusammensetzung. Die Arbeiterpartei folgt den wechselnden Ereignissen, die zur Klassenbildung der Proletarier führen, sie formiert sich, wird aufgelöst sobald sie einen Angriff auf die Macht versucht, sie rekonstruiert sich innerhalb der neuen Bedingungen, macht einen neuen Schritt vorwärts, versucht eine Revolution, wieder geschlagen scheint sie aus der Gesellschaft ausradiert bis sie unbesiegbar wiedererscheint.

In diesem Jahrhundert existiert keine lineare Kontinuität der sogenannten sozialistischen und kommunistischen Tradition, an die man sich halten könnte.

Nur in besonderen historischen Momenten ist der theoretische und praktische Gesichtspunkt der Arbeiter, die sich als Klasse formiert haben und über bedeutende Perioden, inmitten größter Schwierigkeiten auch als dominante Klasse, aufgetaucht.

Nur in einigen besonderen historischen Momenten ist der Bruch zwischen Kapital und lohnabhängiger Arbeit in Analysen, Urteilen und Programmen für eine soziale Revolution formalisiert worden. Auf diese besonderen historischen Momente beziehen wir uns.

Die dominanten Ideen sind immer die der dominanten Klasse, und die subversiven Ideen bestätigen sich im Umsturz.

Sozialismus und Kommunismus sind auch die formalen Schleier von Organisationen und Staaten gewesen, die die Arbeiter auf kapitalistische Weise unterworfen und ausgebeutet haben. In diesem Sinn glauben wir, daß ein bürgerlicher und reaktionärer Kommunismus entstanden ist, ein Kommunismus des Kleinbürgertums und der Arbeiteraristokratie, der einzig wahren Bourgeoisie.

Heute ist es notwendig, mit diesen historischen Formen abzurechnen, um unter den Arbeitern den theoretischen Gedanken und die praktische Aktion neu zu begründen, deren Ziel ihre Emanzipation sein wird.

An dieser Stelle muß die soziale Grundlage der Arbeiter beschrieben werden und unter diesem geschichtlichen Gesichtspunkt einige Konsequenzen.

Beginnen wir mit einer Definition des Kommunistischen Manifests, die von extremer Präzision ist.

"In demselben Maße, worin sich die Bourgeoisie, d.h. das Kapital, entwickelt, in demselben Maße entwickelt sich das Proletariat, die Klasse der modernen Arbeiter, die nur solange leben, als sie Arbeit finden, und die nur solange Arbeit finden, als ihre Arbeit ihr Kapital vermehrt. Diese Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt.

Die Arbeit der Proletarier hat durch die Ausdehnung der Maschinerie und die Teilung der Arbeit allen selbständigen Charakter und damit allen Reiz für den Arbeiter verloren. Er wird ein bloßes Zubehör der Maschine, von dem nur der einfachste, eintönigste, am leichtesten erlernbare Handgriff verlangt wird."

"In demselben Maße, in dem die Widerwärtigkeit der Arbeit wächst, nimmt daher der Lohn ab."

"Arbeitermassen, in der Fabrik zusammengedrängt, werden soldatisch organisiert. Sie werden als gemeine Industriesoldaten unter die Aufsicht einer vollständigen Hierarchie von Unteroffizieren und Offizieren gestellt. Sie sind nicht nur Knechte der Bourgeoisklasse, des Bourgeoisstaates, sie sind täglich und stündlich geknechtet von der Maschine, von dem Aufseher und vor allem von den einzelnen fabrizierenden Bourgeois selbst. Diese Despotin ist um so kleinlicher, gehässiger, erbitternder, je offener sie den Erwerb als ihren Zweck proklamiert."

"Ist die Ausbeutung des Arbeiters durch den Fabrikanten so weit beendigt, daß er seinen Arbeitslohn bar ausgezahlt erhält, so fallen die anderen Teile der Bourgeoisie über ihn her, der Hausbesitzer, der Krämer, der Pfandleiher usw."

"Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen, ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse. Die übrigen Klassen verkommen und gehen unter mit der großen Industrie, das Proletariat ist ihr ureigenstes Produkt."

Mit dem Begriff "Proletarier" beschreibt das Kommunistische Manifest, wie wir gesehen haben, einen speziellen sozialen Typus, ohne mögliche Zweideutigkeiten oder Mißverständnisse.

Proletarier, die modernen Arbeiter

Natürlich, durch den Verarmungsprozeß, der zyklisch Teile der oberen Klassen hin zu den Existenzbedingungen der Arbeiter schiebt, wurden diejenigen immer mehr, die sich in die Reihen der Proletarier einreihten, obwohl sie sich selbst nicht als Arbeiter bezeichnen können, da sie es nie waren.

Das Konzept des Proletariates ist ausführlich angepaßt worden bis hin zum "wir sind alle Proletarier", wobei in diese Kategorie die üblichen unbestimmten Typen miteinbezogen wurden: die Angestellten, die Studenten, die arbeitslosen Lehrer etc.

Der Proletarier oder der moderne Arbeiter ist ein sozialer Typ, der sich nicht auf der Basis des Einkommens bemißt, auf der Stufe seines Elends - er wird arm, weil er Arbeiter ist.

Die Mittelklassen, das Kleinbürgertum können kritische Momente durchlaufen, ihr Lebenssystem kann sich dem des Proletariates angleichen. Was sie jedoch nicht können, ist, Proletarier werden, noch können sie - mit einer sprachlichen Spitzfindigkeit - Arbeiter werden, es sei denn, sie sind nicht in der Produktionsweise des Kapitals verhaftet in der Position, wie sie von Marx im Manifest beschrieben wurde.

Die Produktionsweise des Kapitals produziert nicht als Antithese zum Bourgeois den kleinbürgerlichen Arbeiter, so sehr sie auch aufeinanderprallen können.

Der industriellen Bourgeoisie wird antithetisch das industrielle Proletariat gegenübergestellt. Nur dessen Emanzipation ist das Ziel der Produktionsweise, die durch bezahlte Arbeit begründet ist.

Auf zwei Wegen ist es möglich, zum Bewußtsein zu gelangen, daß nur die modernen Arbeiter eine revolutionäre Rolle in der kapitalistischen Gesellschaft spielen. Der direkte ist die praktische Erfahrung des Arbeiterseins, innerhalb der Großindustrie und gemeinsam mit anderen Arbeitern die konkrete Bildung der Produktionsbeziehungen des Kapitals durchlaufen zu haben und von dort aus zu den Grundelementen des Verständnisses der sozialen Beziehungen in ihrem Zusammenwirken vorgedrungen zu sein, mit der Entdeckung der Rolle, die das Proletariat in diesen spielt.

Die andere Möglichkeit ist durch die Tatsache gegeben, daß man als bürgerliche Ideologen, in dem Moment, in dem sich die Auflösung der dominanten Klasse vollzieht, an die Seite des Proletariats tritt. Es handelt sich nicht um eine ideologische Wahl im Hinblick auf eine Theorie, sondern auf eine Klasse, und es wird denjenigen möglich sein, die mit der theoretischen Intelligenz der historischen Bewegung in ihrer Gesamtheit verbunden sind.

Die Maßeinheit

Die Aufstellung der Arbeiter im Befreiungskampf ist die Maßeinheit, wie stark das Verständnis des geschichtlichen Prozesses in die Tiefe geht, andere Maßstäbe gibt es nicht.

Jetzt ist die eine wie die andere Möglichkeit faktisch Ausdruck der realen Bedingungen eines bestehenden Kampfes zwischen den Klassen und ihrem Reifegrad.

Daß die Arbeiter heute kein Bewußtsein ihrer sozialen Lage über eine eigene politische Organisation zum Ausdruck bringen, daß es keine eigenständige, daraus erwachsende geschichtliche Aktivität gibt, ist die Konsequenz der Phase, in der sich die Entwicklung des ökonomischen Zyklus befindet.

Es ist natürlich, daß eine Krise wie diese gegenwärtig als erstes Ergebnis die Schwächung der Arbeiter verursacht, die Verschlimmerung der Konkurrenz unter ihnen, die Individualisierung des Verkaufsverhältnisses der Arbeitskraft, das zwangsläufige Absinken der Löhne und die Verschlechterung der Existenzbedingungen.

Der Zerstreuung der Arbeiter entspricht auch die Schwächung ihres kollektiven Bewußtseins, die Unterwerfung durch die anderen Klassen ist damit total.

Es wird betont, daß wir Ende der achtziger Jahre eine Krise erreicht hatten mit einem Bewußtsein der sozialen Kontraste ausgehend vom Kleinbürgertum und der Aristokratie der Arbeiter, voller Illusionen über die Wohlstandsgesellschaft, über Reformen, über die Aussöhnung der sozialen Klassen, vereint in dem einzigen Ziel, das System gut funktionieren zu lassen. Die Tatsache, daß diese Sichtweise sich verliert ist nicht negativ zu bewerten, im Gegenteil...

Die momentane Verbesserung der Lage der Arbeiter, bezahlt mit dem Preis der Kämpfe und Opfer, ist der Zement gewesen, der die wahren und echten Arbeiter mit den Elementen der oberen Klassen verkittet hat.

Die Krise hat die Idylle aufgelöst, und die Arbeiter haben sich allein vor einem aufgerüsteten Kapital wiedergefunden, das vor allem bereit ist, sich eine adequates Akkumulationsverhältnis zu garantieren.

Jetzt leisten die einzelnen Arbeiter, Fabrik für Fabrik den jeweiligen Herren Widerstand, und trotzen dem unnachgiebigen Arm aus Eisen, aus dem sie auch geschlagen, verbittert hervorgehen, aber er bleibt die einzige konkrete Basis auf der die Notwendigkeit sich zu verbünden, die eigenen Kräfte zu vereinen, erwachsen kann.

Wie wird das Urteil über die angeborene Unfähigkeit der Arbeiter, eine eigene unabhängige Bewegung zu bilden, lächerlich.

Im Angesicht des täglichen Krieges, der von einem Teil der Gesellschaft für die eigene Existenz geführt wird, werden die politisch parlamentarischen Scharmützel zu einem Spiel für kleine Jungs.

Der Zusammenschluß der Arbeiter in der Klasse ist kein ideologisches Faktum, er findet seine Grundlage über die mentale Überzeugung in der Realität des historischen ökonomischen Prozesses.

Umstrukturierung der Welt

Die ökonomische Krise erschüttert die Klassen, revolutioniert ihre gegensätzlichen Beziehungen, gestaltet die materielle Basis, auf der sie sich aufbauen, um. Die Bourgeoisie ist dabei, eine Periode der Umstrukturierung der Welt zu durchlaufen.

Von Rußland bis Japan fordert das industrielle Kapital eine Anpassung des Staates an die neuen Bedürfnisse der Akkumulation, das mittlere und das kleine Kapital erheben Anspruch auf eine autonome Kapazität der politischen Repräsentation, der Kampf um die Kontrolle der Märkte wird jeden Tag erbitterter.

Der Aufbau der großen Industrie- und Finanzkolosse, um einer erbarmungslosen Konkurrenz Widerstand zu leisten, kennzeichnen die erzwungenen Schritte in einer Neudefinierung der Kräfteverhältnisse auf dem Weltmarkt.

Diesem Wirtschaftsprozeß entspricht eine Neudefinierung des internationalen Proletariates, das dann die Basis des Kapitals und der Akkumulationsprozesse darstellt.

Neue Arbeitskräfte sind produziert worden während andere im Niedergang begriffen sind, die großen Emigrationsbewegungen vom Land in die Industriezentren, haben den Prozeß, der die ländlichen Gebiete in den industrialisierteren Ländern in den Untergang trieb und die Entwicklung der modernen Arbeiter vorantrieb, nur auf der internationalen Ebene verschoben.

Man könnte vielleicht denken, daß dasselbe Maschinenwerk, das sich die Arbeitskraft in Korea oder in Mexiko einverleibt oder in Lambrate/Mailand nicht aufhört, denselben sozialen Typ zu erzeugen? Daß die Güter, die auf dem Weltmarkt konkurrieren, nicht mit dem Faktor Arbeit verglichen werden und daß die Individuen, die die Arbeit geleistet haben, durch sie homogen werden?

In diesem Sinn hat das Kapital in der Krise die Prozesse der Homogenisierung der Arbeiter auf internationaler Ebene beschleunigt.

Es ist klar, daß all die kleinen Produktionen, losgelöst vom Weltmarkt, daß die gesamten Aktivitäten, die sich auf den besonderen lokalen Gegebenheiten begründen, eine Sichtweise hervorrufen, die total falsch ist. Deren Vertreter sind zu der Behauptung gekommen, daß, da die Fabrik vor ihrer Werkstatt oder ihrem Büro schließt, die Arbeiter im Begriff seien, zu verschwinden. Oder, da in ihrer Provinzstadt keine neuen Fabriken aufmachen, die Arbeiter der Vergangenheit angehörten, und nicht der Zukunft.

Die Beharrlichkeit, mit der die mittleren Klassen, die Arbeiter dem verschwinden anheim gegeben haben, ist nur ein mentaler Reflex auf ein wirtschaftliches Bedürfnis: die eigenen Interessen stärker mit dem Kapital zu verknüpfen, in Anbetracht dessen, daß das Industrieproletariat unfähig war, in dem Moment, in dem sich die Krise entwickelte, irgendjemandem, nicht einmal sich selbst, eine Lösung des Verarmungsprozesses, der sich zu formieren begann, zu garantieren.

Das Proletariat macht verschiedene Entwicklungsstufen durch - es transformiert sich in derselben Weise, in der das Kapital sein Produktions- und Tauschsystem revolutioniert.

Eine spezielle Form des Proletariates, gebildet durch einen bestimmten Typ Maschinenwerk, der seinerseits einem bestimmten technologischen Niveau entspricht, entwickelt sich in dem Maße, in dem sich die materiellen Elemente der Produktion verändern.

Die ökonomische Krise ist der Moment, in dem sich die Transformationen der Produktionsmethoden und der sozialen Beziehungen beschleunigen.

Das gilt vor allem für das Proletariat, bloßer Anhang eines Maschinenwerks, das in Bewegung gesetzt wird für den einzigen Zweck, Profit für den Eigentümer des Werks zu produzieren.

Generationen von Arbeitern beugen sich, um anderen Generationen Platz zu machen. Mit diesen geraten auch die früheren ideologischen und politischen Überzeugungen in die Krise. Das Proletariat ist eine im Kampf befindliche Klasse, es kann sich auf keine geläufige, traditionelle Idee verlassen, es kann sich kein vorgefertigtes Urteil ausborgen, die dominanten Ideen sind die der dominanten Klassen.

Die Konstituierung der Arbeiter als Klasse verläuft ebenso in unterschiedlichen Phasen, wobei eine nie für alle anderen Phasen stehen kann.

Konkurrenz versus Organisation

Die Konkurrenz, die sich die Arbeiter untereinander machen als Resultat der Beziehung, in die sie vom Kapital gezwungen werden, der Einfluß, den die anderen Klassen auf sie ausüben, prägt sich in einer Weise aus, so daß die Organisation der Arbeiter als Klasse kontinuierlich zerrissen wird.

Aber sie ersteht immer wieder, stärker, fester, mächtiger.

Die Arbeiter können sich nicht damit begnügen von den allgemeinen Strukturen der linken Bourgeoisie vereinnahmt zu werden, ihren verständnisvollen Feinden die eigene Vertretung zu überlassen.

Sie beginnen von vorn, unter neuen sozialen Bedingungen, die Wege ihrer Organisation zu durchlaufen.

In den neuen Gefängnissen der Industriearbeit, zusammengefaßt durch die moderne Technologie der Enteignung, dem Weltmarkt zugewandt, öffnen sich wieder neue Möglichkeiten der Vereinigung.

Erst von hier an verstehen sie ihre eigene Geschichte wieder und können sich die theoretischen Instrumente, die ihnen wahrhaft gehören, die ihre Bewußtseinswerdung wirklich kennzeichnen in der ökonomischen Bewegung, und die Aufgabe, die ihrer Klasse bevorsteht, wieder aneignen.

Diejenigen, die durch das Verständnis des geschichtlichen Prozesses in seiner Gesamtheit verbunden sind, können die Arbeit nicht liegen lassen, um sich als Klasse zu organisieren, und damit als politische Partei, und sich das Ziel der eigenen Befreiung setzen.

Heute wissen wir, daß die Herausbildung von Individuen, die diese Sichtweise angenommen haben auch sozial determiniert ist. Halten wir immer die Tatsache fest, daß das Subjekt real ist, eine Klasse. Es wird jedem klar, daß es sich nicht um die Organisation einer Partei auf der Basis vorausgesetzter Ideologien, sondern um eine Organisation von determinierten Individuen als Klasse und damit zur politischen Partei, handelt.

Die erste Voraussetzung, um diesen Schritt zu überprüfen, besteht darin, das Proletariat als ein eigenständiges, geschichtlich autonomes Aktivitätspotential wiederzuerkennen, als wirkliche und besondere politische Bewegung.

Man kann soweit kommen, die verstreuten Elemente im Herzen der derselben kapitalistischen Gesellschaft, den Antagonismus zwischen den Klassen zu erfassen, aber den Arbeitern die Möglichkeit einer unabhängigen Bewegung absprechen.

Marx kritisierte dieses Defizit bei den Vertretern des Sozialismus und des kritischen utopischen Kommunismus. Heute richtet sich dieselbe Kritik besonders an diejenigen, die sagen, daß sie auf der Seite der "Lohnabhängigen" stehen.

Man hüte sich davor - es genügt nicht einmal, die Arbeiter als eine "historische Funktion" wiederzuerkennen, die, wie es dann auch gewesen ist, ein rein formales Anerkennen sein kann.

Es ist klar, daß niemand gegenwärtig diese geschichtliche Selbsttätigkeit der Arbeiter genau wiedererkennen konnte, gerade in dem Moment, in dem jene selbst sich unter den Schlägen der Krise verstreuten und vom politischen Horizont, falls sie überhaupt je dort präsent waren, verschwanden.

Dann, im vorhergehenden Zyklus der Nachkriegszeit, hatte da nicht die formale Anerkennung einer "geschichtlichen Funktion" der Arbeiter dazu gedient, die Arbeiter eine zentrale Rolle entwickeln zu lassen im nationalen Wiederaufbau im Dienste des Kapitals?

Die im besten Falle einzige anerkannte Bewegung der Arbeiter in ihrer Besonderheit, war die gewerkschaftliche, eine vertragliche Bewegung und nichts sonst.

Die einzig wahre politische Aktivität ist fast immer das Monopol der oberen Schichten des Proletariates gewesen, der Aristokratie der Arbeiter, der verarmten Kleinbürger, die es sich zusammen mit dem Einbringen von Bildungselementen, auferlegt hatten, auch als politische Repräsentanten mit absoluter angeborener Unfähigkeit, eine zum System wirklich antagonistische Bewegung zu produzieren und in der Folge eine fundamentale Stütze dafür zu werden.

Warum brauchten die Arbeiter diese Elemente, aus welchem Grund haben sie, nur um eine eigene Bewegung zu schaffen, nur um sich als Klasse zu konstituieren, diese Vermittlung vorgenommen? Wie ist es möglich, daß ein Teil von ihnen direkt vom Kapital angenommen wurde, um die Emanzipation der breiten Masse zu verhindern?

Der Profit des Kapitals der dominanten Nationen, der Weltmarkt, hat die wirtschaftliche Möglichkeit gegeben, korrumpierbare Schichten der Arbeiter zu korrumpieren, während sie große Teile von ihnen ruinierten.

Die begrenzte Entwicklung des Antagonismus zwischen Arbeitern und Kapital hat den Rest erledigt, indem die Vermittlerrolle jener mittleren Schichten, die "die Produktion" repräsentierten, begünstigt wurde, ohne das soziale Mal, das sie kennzeichnet.

Hat man einmal den bösen Herren, den Reichen, den Spekulanten isoliert, bleibt es allen Arbeitern "der Faust und des Geistes" nur übrig, sich in einem einzigen sozialen Block zu vereinen.

Erst heute, in der Krise, erscheint der Produktionsapparat des Kapitals und alle seine Verwalter, langsam als das was er ist. Die führenden Köpfe in der Industrie, lohnabhängige Manager, sind die neuen Kapitalisten-Arbeiter, die die Ausbeutung der Arbeiter steuern und den Profit unter dem Deckmantel des "Monatsgehaltes" in die Tasche stecken.

Erst jetzt versteht man gut, was es heißt, daß die Elemente der unteren Schichten der Techniker und Angestellten den Blickwinkel der Arbeiter einnehmen können: Das tun sie nur, wenn das Kapital selbst auf die Existenzbedingungen des Proletariates hinabsinkt.

So verteidigen sie ihre Zukunftsinteressen, nicht die gegenwärtigen, die dieselben des Herren, bei dem sie angestellt sind, ergänzen.

Das Problem ist, werden es die Arbeiter sein, die diesen Standpunkt der Mittelklassen, die in die Tiefen der Krise gestoßen werden, übernehmen, oder werden jene deren Standpunkt übernehmen.

Der Standpunkt des Proletariates ist keine philosophische Angelegenheit; es handelt sich nicht um Ideen, die angenommen werden müssen, sondern um eine präzise Standortklärung in der Auseinandersetzung zwischen den Klassen, den zwei großen feindlichen Lagern der Bourgeois und der Proletarier.

Die feindlichen Lager

Die Formierung der Arbeiter in Klassen, so die deutliche Definition der zwei feindlichen Lager, ist eine Realität in Bewegung.

Das Lager der Arbeiter kann verstreut sein, ihre sogenannten Repräsentanten können aus dem Feindeslager auf die Seite der Armee selbst überwechseln.

Man kann durchaus behaupten, daß die zwei feindlichen Lager überhaupt nicht existieren, daß sie eine Erinnerung an die Vergangenheit darstellen, aber dann genügt es, mit Aufmerksamkeit in eine moderne Fabrik zu schauen und die täglichen Kontraste, die da und dort zum Vorschein kommen, zu entdecken.

Um zu überleben kämpfen die Arbeiter einen täglichen Kampf gegen die Herren. An verschiedenen Stellen des Weltmarktes hört man die Echos der Revolte, wo die Arbeiter, wenn auch nicht ihr historisches Bewußtsein, von dem, was sie tun, sicher aber ihre zahlenmäßige Stärke, geltend machen. Langsam, aber unerbittlich bauen die Arbeiter ihr Kampflager wieder auf, diesmal auf einer neuen Ebene des Weltmarktes.

Der Wiederaufbau dieses kämpferischen Lagers verlangt und schafft eine theoretische und politische Aktivität, die ihm entspricht. Kein Wunder also, daß heute die theoretische und politische Aktivität der Arbeiter sehr begrenzt ist.

Während in der Morgendämmerung der Entstehung einer modernen Gesellschaft dieselbe Bourgeoisie im Kampf gegen den Feudalismus die Arbeiter in die politische Bewegung mithineinzog, waren es in der Folge Sektoren der dominanten Klasse, ruiniert durch die Entwicklung der Großindustrie, die die Arbeiter für ihren Kampf mit theoretischen und politischen Instrumenten versorgten. Noch durch die Zersetzung der dominanten bürgerlichen Klassen ist namentlich ein Teil der Bourgeoisideologen, welche sich zum theoretischen Verständnis der ganzen geschichtlichen Bewegung hinaufgearbeitet haben, auf die Seite der Arbeiter übergewechselt.

Heute ist klar, daß die Bourgeois ihre Geschichtslektion gelernt haben: Es gibt keinen Grund, aus dem man das Risiko eingehen kann, die Arbeiter in die politische Bewegung hineinzuziehen, es ist zu gefährlich. Noch weniger befinden wir uns in einer Phase, in der die Elemente der dominanten Klasse auf die Seite der Arbeiter übergehen; der Kampf zwischen den Klassen ist weit davon entfernt einen entschiedenen Charakter anzunehmen.

Wenn die Bourgeoisie gelernt hat, mit den Arbeitern auf eine Weise umzugehen, die jene nicht mit zuvielen Waffen gegen sie selbst ausrüstet, so haben die Arbeiter gelernt, daß wenn in das Proletariat ganze Sektoren der dominanten Klassen hinabstürzen, diese nicht nur Bildungselemente einführen, sondern auch deren spezifische bürgerliche Sichtweisen, deren Willen, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen.

In dieser Situation ist es leicht zu verstehen, warum es die Arbeiter direkt angeht, erste Organisationsformen als Klasse zu versuchen, sich wieder theoretische Intelligenz der geschichtlichen Bewegung, mit der sie sich dem Einfluß der anderen Klassen entgegenstellen können, anzueignen, die reale Lage, in der sie sich befinden und den Weg, aus dieser herauszukommen, zu verstehen.

Die Konkurrenz, viel größer und stärker in der Krise, löst die Bindungen zwischen den Arbeitern, spaltet auch die grundlegendste Solidarität. Der Druck der höheren Klassen wird ein allgemeiner, alles scheint die Arbeiterbewegung zu vernichten, ihre Möglichkeit, ihre neue Basis wieder zusammenzusetzen.

 

Der Krieg im Untergrund

Genau an dieser Stelle prallen die Herren und die Arbeiter wieder aufeinander; ohne Vermittlung führen sie einen mehr oder weniger latenten Bürgerkrieg, einen primitiven. Die ersteren sind von ihrem eigenen System gezwungen, ihre Sklaven übermäßig hart zu behandeln, sie aus ihren Fabriken zu werfen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, ihnen Leben zu stehlen in unwiederbringlichen Stunden, der Nacht, Feiertagen, sie am Existenzminimum leben zu lassen. Die zweiteren, die Arbeiter, sind gezwungen, sich mit allen Mitteln zu verteidigen, um zu überleben, nunmehr sicher, daß der gewerkschaftliche Weg in diesen Jahren gekennzeichnet war durch eine Serie von betrügerischen Übereinkommen.

In den Verhandlungen mit der Gewerkschaft stehen sich gegenwärtig nicht mehr Arbeiter und Herren gegenüber, sondern ihre trügerischen Surrogate: Die Bedürfnisse des Unternehmens, auf dem Markt zu bestehen und die Arbeiter, die sich durch den Weg des Konsens der Zeit anpassen.

Im politischen Kampf erscheint dieses Problem gegenüber dem Gegensatz zwischen Arbeiter und Herren noch befremdlicher: Hier spielt man die Herrschaft einer bürgerlichen Fraktion gegen die andere aus, damit der Kapitalismus besser funktioniert, ihr Staat, um in letzter Konsequenz die Ausbeutung der Arbeiter produktiver zu gestalten und auf ihr neue Privilegien für die inneren Sektoren der oberen Klassen zu begründen.

Wenn die Industrie in der gewaltigen Neustrukturierung der Welt restliche politische und gewerkschaftliche Beziehungen voller reformistischer Utopien blockieren mußte; wenn sie sich vor ihren Arbeitern mit der Grausamkeit des Profits, der Entlassungen, der unternehmerischen Disziplin - mit zahlreichen und brutalen Erpressungen - präsentieren mußte, warum sollten die Arbeiter nicht mit ebensolcher Brutalität antworten, sich als Sklaven outen und zu ihrer Befreiung zusammenschließen?

Aus welchem Grund, wenn das neustrukturierte Kapital sich selbst auf rein ökonomisches Kalkül, auf die Zeiten der Mechanisierung, auf den Akkordrhythmus des Fließbands stützt, weshalb sollten die Arbeiter nicht antworten, indem sie auf das Ziel ihrer Befreiung von diesen Unterdrückungen pochen?

Warum sollten sie das Problem verleugnen, indem sie dieses Ziel verwässern und ersticken für einen in den verschiedenen Führungen geregelten oder von der Linken an der Macht kontrollierten Kapitalismus?

Die Arbeiter müssen auf die dreiste Deutlichkeit, mit der der Industriemanager Klartext redet über seine bürgerlichen Interessen, antworten mit ebensolcher Deutlichkeit und Entschiedenheit: Unser einziges unmittelbares Ziel ist die Emanzipation unserer Klasse von der Sklaverei der Lohnarbeit, der Organisation als Klasse, der Bildung einer eigenen politischen, unabhängigen Partei.

Die Großindustrie ist zu ihrem Bedauern gezwungen, an die Stelle der Isolierung der Arbeiter durch die Konkurrenz ihre revolutionäre Vereinigung durch die Assoziation, zu setzten.

In Melfi hat es die Großindustrie geschafft, die Arbeiter zu einem noch niedrigeren Gehaltsniveau und einer höheren Produktivität zu zwingen; sie hat die Konkurrenz unter diesen Arbeitern und jenen, die schon in der Automobilindustrie angestellt waren, verschärft, aber sie hat sie auch in Kontakt gebracht, gefesselt an dieselbe Qual einer entfremdeten und zerstückelten Arbeit - eine Arbeiterjugend, die sich niemals vereinigt hätte über die normalen Kontakte des städtischen Lebens.

Wenn man bedenkt, daß dieser Prozeß auf dem gesamten Weltmarkt stattfindet, daß die Krise durch ihre Maschinerie die alten Arbeitskräfte durch neue ersetzt, kann man verstehen wie - und das ist nur eine Frage der Zeit - die Arbeiter sich in der weltpolitischen Szenerie mit einer internationalen Assoziation, die ihre revolutionäre Einheit verkörpert, vertreten.

Dieser Prozeß steht erst am Anfang. Um ihn zu erkennen, verlangt es einer aufmerksamen Beobachtung der Krisenzeiten. Es ist nötig, in den Fabriken zu sein und die generelle Bedeutung der Transformationen des Produktionszyklus zu erfassen, die Wut, mit der sich Teile der verstreuten isolierten Arbeiterschaft, widersetzen, und ungleiche Konfrontationen mit den Herren austragen, immer unter dem Risiko, auf die Straße gesetzt zu werden.

Die "Freunde" der Arbeiter sind auseinander getrieben, ihre sogenannten Vertreter der Linken, fordern im Höchstfall eine Lohnanpassung zumindest auf dem Niveau der Inflation oder eine Arbeitszeitverkürzung, die mit der Produktionssteigerung im Gleichgewicht bleibt.

Andere, die darin keine schöne präsentable politische Aktivität sehen, haben sich zurückgezogen, um Marx' Seiten zu universitärem Gebrauch zu durchstöbern. Sie haben die Augen und Ohren verschlossen, um den betäubenden Lärm der Fabriken und der Arbeiter, wie er auf jenen Seiten beschrieben wird, weder zu sehen noch zu hören: Sie waren nichts anderes als die Spiegelung der Entstehung einer Produktionsweise, die den Arbeitern und nur diesen, die Aufgabe, sie von oben nach unten umzuwälzen, zuschrieb.

So konnten sie das Bewußtsein in den Schriften von Marx in eine gute wirtschaftliche Angelegenheit umwandeln, indem sie Büchlein zum Gebrauch für die illustren Kreise im "Untergrund" schreiben und verkaufen.

In dieser Situation wird es noch wichtiger, daß die Arbeiter und die militanten Intellektuellen, die die Ehre haben, auf der Seite der Arbeiter zu stehen, auf die Organisation der Arbeiter als Klasse hinarbeiten. Sich vereinen im einfachen Programm der Befreiung der Arbeiter und es mit den wenigen Mitteln, die sie in der Gesellschaft zu ihrer Verfügung finden, verfolgen.

Der Druck der oberen Klassen auf diesen Versuch ist groß, er wird in den Kreisen der politischen Linken mit Arroganz abgewürgt. Nicht zur großen öffentlichen Zufriedenheit, er kann nicht durch die Arbeitermassen gestützt werden, da sie erst am Beginn eines neuen Emanzipationszyklus stehen.

Er ist jedoch unverwüstlich - der Versuch der Elemente einer unterdrückten Klasse sich zu befreien, kann nicht getilgt werden, man kann einen Sklaven nicht zwingen, sich für seine Befreiung zu organisieren, wenn die Mittel, die er anwendet, primitiv, unvollständig entwickelt sind.

Heute ist es schwierig, unter den Arbeitern selbst Menschen zu finden, die eine Vereinigung ins Leben rufen, noch unmöglicher ist es, unter den Ideologen, die aus den oberen Klassen stammen, Unterstützung zu finden. Arbeiter, die wissen, woher sie kommen und wohin sie die Geschichte zu gehen zwingt, muß man mit der Lupe suchen, aber es gibt sie. Sie verbinden sich, sie widersetzen sich. Sie beziehen die Position der Arbeiter in den Beziehungen zwischen den Klassen, sie arbeiten, um eine politische Bewegung ins Leben zu rufen, die die eigene der Arbeiter sein wird.

Sie führen die gegenwärtigen Kämpfe um den Lohn, gegen Entlassungen, sie vertreten offen die Notwendigkeit, einer echten und eigenständigen Partei, während sie die zukünftigen Interessen im Auge behalten.

Nicht nur: Sie gehen, wenn auch mit unzureichenden Mitteln, den theoretischen Kampf gegen die Vertreter der höheren Klassen an, weil die Erfahrung ausführlich gezeigt hat, daß ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Bewegung bestehen kann. So haben diese geringfügigen Minoritäten eine geschichtliche Rolle erster Notwendigkeit entwickelt, sie ebnen dem Nachwuchs den Weg, sie sind die effektiven Vorboten einer wiedererstarkenden Arbeiterbewegung, die die Bourgeoisie in der ganzen Welt verblüffen wird.

Die Vereinigung zur Befreiung der Arbeiter ist das, was wir als Arbeiter heute vorschlagen konnten und theoretisch und politisch unterstützen. Sie ist nolens volens Teil der Evolution einer Arbeiterbewegung hin zur Organisation als Klasse. Aus diesem Grund arbeiten wir dafür, sie stärker zu machen, kampfbereiter, internationaler.